Nach oben scrollen
Brillux Radio

Amorph und visionär

Titelfoto: Jochen Stüber, Hamburg

Dieser Artikel erschien in der colore, Ausgabe 17

Die Architektur des Hotels "The Fontenay" an der Hamburger Außenalster ist außergewöhnlich und nimmt sich doch zurück. Besonders beeindruckend ist, mit welcher Konsequenz der Entwurf des Büros Störmer Murphy and Partners GbR bis ins letzte Detail umgesetzt wurde!

Das Hamburger Architekturbüro Störmer Murphy und Partners GbR gewann 2013 gemeinsam mit Mattheo Thun den internationalen Wettbewerb für das Hotelgebäude mit 130 Zimmern und Suiten. Die architektonische Großform wird aus drei verschliffenen Kreisen gebildet, große Baumkronen schmiegen sich in die geschwungenen Fassaden.

Die organische Figur des Gebäudes fügt sich dabei trotz seiner 30.000 m² BGF harmonisch in das parkartige Grundstück und bindet dieses gleichzeitig über die offen gestaltete Fassade ein. Ein City-Resort, fußläufig von der Hamburger Innenstadt zu erreichen, in dem sich die Gäste mit Blick auf Bäume und Wasser mitten in der Stadt erholen können, war die Grundidee für das Hotelkonzept.

 

"Der Entwurf ist aus dem Ort heraus entstanden, bei einem Besuch des Grundstücks und dem Blick in die Kronen der großen, alten Bäume. Das war der Ursprung der Idee der drei verschliffenen Kreise, die wir mit allen Beteiligten konsequent umgesetzt haben. Es ist ein Hotel im Park, ein Gebäude ohne Rückseite, das über seine offene Fassade Licht und Natur in die Räume holt. Realisiert haben wir die Idee über eine tragende innere Struktur, die wie ein Rückgrat wirkt, sodass die Fassade sehr offen und filigran ausgebildet werden konnte. Sie folgt der Grundform mit gekrümmten Elementen, was den ausführenden Firmen besonders viel Sorgfalt abverlangte. In der Wettbewerbsidee steckten mehr als 40 verschiedene Radien, die wir im Laufe der Planung auf sechs Hauptradien reduzieren konnten. Dennoch steckt eine Vielzahl an Details und Sonderlösungen in dem gesamten Gebäude."

Jan Störmer über die organische Grundform

 

Organische Großfigur

Das statische Grundgerüst bildet ein fünfgeschossiger Megaträger aus Stahlbeton, der sowohl die Betondecken als auch die strahlenförmig vom Träger an die Fassade laufenden Schotten trägt, die in den Normalgeschossen die Zimmerwände bilden. Es sollte ein Gebäude ohne Rückseite sein, das zu allen Seiten Natur und Licht hereinlässt. Durch das gewählte statische Konzept wird genau das geschaffen.

Das starke Rückgrat in der Mitte des Gebäudes ermöglicht eine filigrane, materialarme Fassade mit großen Fensterflächen. Diese gliedert sich wiederum in zwei Ebenen: Die Fassadenbänder aus weißen Keramikplatten und einem weiß lackierten Stabgeländer aus Stahl bilden die äußere Ebene.

Einen halben Meter zurückversetzt sitzt die innere Fassade, die thermische Hülle der Hotelzimmer und Residenzen, aus Minimalschiebetüren. Während die äußere Ebene die geschwungene Grundform des Gebäudes konsequent durch gekrümmte Elemente nachbildet, ergibt die innere Ebene eine polygonale Linie.

Modern Classic im Inneren

Im Inneren des Gebäudes bilden die drei Kreise zwei organisch geformte Innenhöfe in ihrer Mitte aus, wobei nur einer als Patio nach oben offen ist. Der geschlossene 27 m hohe Atriumhof bildet im Erdgeschoss den Loungebereich und wird von 198 geschuppten Fassadenelementen in einer Structural-Glazing-Konstruktion umschlossen, die mit unterschiedlichen Lichtszenarien bespielt werden kann.

Im offenen Patio wechseln sich transparente und nicht transparente Flächen ab. Neben Holz-Aluminium-Fensterbändern gibt es hier opake Fassadenelemente mit einem mineralischen WDVS, das ebenfalls an die gekrümmten Flächen angepasst werden musste. Die konvexen und konkaven Linien des Gebäudes ermöglichen dem Besucher immer wieder neue Ausblicke und bieten reizvolle Blickwinkel, brachten aber auch einige Herausforderungen bei der Umsetzung mit sich.

Das Büro Aukett und Heese, das ab der Leistungsphase 3 in das Projekt kam, hat das zu diesem ungewöhnlichen Bau passende und sich selbst doch zurücknehmende Interior im Stil des Modern Classic realisiert. Dabei sollte die Inspirationsquelle Natur durch eine entsprechende Farb- und Materialwahl zum Ausdruck kommen.

Blau-, Grün- und Brauntöne bestimmen insbesondere die Farbgebung der Zimmer, während in den öffentlichen Bereichen durchaus starke Elemente, wie eine Wand aus grünem Onyx im Gartenrestaurant, gekonnte Akzente setzen.

 

"Für uns bestand die größte Herausforderung darin, an die gewölbten Flächen das mineralische WDVS aufzubringen. Da WDVS-Dämmplatten und Putzprofi le nicht für sehr enge Radien und stärkere Rundungen konzipiert sind, mussten alle Platten sowie die Putz- und Tropfkantenprofi le von uns bearbeitet werden. Die über 15.000 Dämmplatten wurden keilförmig eingeschnitten, um sie biegen zu können, und an den Rändern so auf Gehrung geschnitten, dass sie fugenlos an die nächste anschließen konnten. Wegen der erhöhten Anforderung an die Ebenheit wurden die verklebten Dämmplatten dann zunächst händisch geschliffen, bevor der Putz in vier Lagen aufgetragen wurde. Auch die Ausführung der Edelputzfelder in Kammzugtechnik stellte in Kombination mit den Rundungen eine Herausforderung dar und war ausschließlich mit von uns selbst für das Objekt gebauten Werkzeugen ausführbar. Unser Zeitaufwand war entsprechend hoch, aber es hat großen Spaß gemacht, an der Umsetzung dieses besonderen Entwurfs mitwirken zu dürfen."

Mehmet Göktas über die Kunst des gekrümmten WDVS

 
Luxushotel "The Fontenay", Hamburg

Foto: Jochen Stüber, Hamburg

Luxushotel "The Fontenay"

Foto: Jochen Stüber, Hamburg

Luxushotel "The Fontenay"

Foto: Jochen Stüber, Hamburg

 

Projektdaten

  • Objekt: Luxushotel "The Fontenay"
  • Standort: Fontenay 10, 20354 Hamburg
  • Bauherr: Kühne Immobilia GmbH, Hamburg
  • Architekten Entwurf: Störmer Murphy and Partners GbR, Hamburg
  • Architekten Ausführungsplanung: MPP - Meding Plan + Projekt GmbH, Hamburg
  • Technischer Berater: Andreas Weißling, Brillux Hamburg/Billbrook
  • Ausführender Betrieb: Unternehmergemeinschaft Gebr. Göktas Bauunternehmung GmbH, Hamburg
  • Hotelzimmer: 130
  • Spa-Bereich: 1.000 m2
  • Brutto-Geschossfläche: 29.820 m2
 
Im Beispiel Schule machen

Im Beispiel Schule machen

Ein Fliesenzubehörhersteller hat auf seinem Iserlohner Firmengelände ein neues Schulungszentrum errichtet. Gleichzeitig ist der Bau Anschauungsobjekt.

..mehr