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Ein Gefühl für Gewinner

Fotos: Eva Schulte-Austum

Dieser Artikel erschien in der MarktImpulse 3/2019

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Wer vertrauen kann, lebt glücklicher. Aber arbeitet es sich so auch produktiver? Definitiv, sagt Wirtschaftspsychologin Eva Schulte-Austum. Sie erklärt, weshalb gerade dieses Gefühl einem Unternehmen Gewinne einbringt und eine Kernkompetenz für jeden Chef sein sollte. 

Sie bezeichnen Vertrauen als "großen Erfolgsfaktor". Warum? 

Vertrauen schafft Schnelligkeit und senkt die Kosten. Wo Vertrauen herrscht, verlassen wir uns aufeinander. Wir arbeiten gelassener, mo­tivierter, engagierter, und gewinnen dadurch nicht nur wertvolle Zeit, wir setzen sie auch sinnvoller mit Blick auf das gemeinsame Ziel ein, nämlich das Unternehmen voranzubringen.

Misstrauen hingegen lähmt einen Betrieb. Es kostet Zeit, Energie, Nerven – und am Ende viel Geld. Wo wir misstrauen, da kontrollieren wir alles. Wir zögern, zweifeln, prüfen nach, sichern uns ab, dokumentieren – und das lähmt nicht nur die Produktivität, es kostet auch enorm viel Veränderungsbereitschaft.

Misstrauen demotiviert das Team und erzieht es dazu, Verantwortung an den Vorgesetzten abzugeben – und im Extremfall nur noch Dienst nach Vorschrift zu machen. 

Braucht es nicht ein Mindestmaß an Kontrolle?

Ganz klar: In puncto Sicherheit auf der Baustelle ist lückenlose Kontrolle unabdingbar. Für andere Bereiche gilt jedoch: Weder Vertrauen noch Kontrolle sind per se gut. Deshalb sollten wir differenziert prüfen, wie viel Vertrauen und wie viel Kontrolle im Einzelfall sinnvoll sind.

Im täglichen Miteinander kommt es mehr auf die Balance an – erst die richtige Mischung macht beides wirkungsvoll. Dazu braucht es Fingerspitzengefühl. Einige Kollegen müssen zum Beispiel enger geführt werden, weil sie vielleicht bereits lange im Betrieb und absolut zuverlässig sind, aber motivationsmüde wirken.

Dann braucht es einen Vorgesetzten, der Ziele eng vorgibt und den Weg dorthin aktiv und positiv begleitet, damit der Mitarbeiter das Ziel erreicht. Haben Menschen das Gefühl, dass jemand aus einer wohlwollenden Absicht heraus agiert und sie unterstützt, fällt es ihnen meist leicht, Kontrolle zu akzeptieren. 

Und wenn sich ein Kollege zu Unrecht kontrolliert­ fühlt

Dann sollte der Chef hinterfragen, ob der Mitarbeiter vielleicht wirklich mehr Freiheit benötigt. Ist er hochmotiviert? Übernimmt er Eigenverantwortung? Denkt er kreativ und vorausschauend? Dann kann ein Zuviel an Kontrolle als Misstrauen interpretiert werden. Das bremst den Mitarbeiter aus. Je tiefer also das Vertrauen, desto weniger Kontrolle braucht es, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen und die Motivation des Mitarbeiters langfristig zu steigern.

Hinzu kommt, dass kontinuierliche Kontrolle unserem Gegenüber eine negative Erwartungshaltung vermittelt. Nach dem Motto: „Ich kontrolliere dich, weil ich glaube, dass du nicht gut genug arbeitest.“ Diese fortwährende Unterstellung führt in den meisten Fällen schließlich dazu, dass das Gegenüber tatsächlich Regeln, Qualitäts­ansprüche oder Arbeitszeiten missachtet.

 

Das Buch

Eva Schulte-Austum

"Vertrauen kann jeder - Ein Rezeptbuch für ein erfülltes Leben"

Erschienen bei Droemer-Knaur; 16,99 €


ISBN: 978-3-426-21435-0 (Gebundene Ausgabe)

ISBN: 978-3-426-45092-5 (E-Book)

 

Wie verdient sich ein Chef das Ver­trauen in seinem Team?

1. Mit Offenheit. Schon im Vorstellungsgespräch sollte der Chef seine Er­wartungen klar definieren – dann gibt es keine Überraschungen.

2. Verschwiegen sein und Tratsch vermeiden. Mitarbeiter stellen sich die Frage: Wie spricht der Chef über mich, wenn ich nicht dabei bin?

3. Ehrlich sein. Nicht übertreiben, beschwichtigen, täuschen oder lügen. Egal ob Chef oder Mitar­beiter: Wir alle machen Fehler. Das allein kostet uns noch kein Vertrauen. Der falsche Umgang mit Fehlern schon. Leistet sich der Chef einen Schnitzer, kann er den offen zugeben, seinem Team sagen, dass es ihm leidtut, und auch erklären, was er beim nächsten Mal anders machen wird. Gelingt ihm ein solcher Umgang damit, gewinnt er sogar Vertrauen.

Denn: Wer offen über seine Fehler und Schwächen spricht, den finden wir nicht nur sympathischer. Dem unterstellen wir auch ein Wohlwollen uns gegenüber. Und dann sind wir eher geneigt, ihm zu vertrauen. Das geschenkte Vertrauen wirkt sich vor allem auf die Loyalität der Mitarbeiter aus, denn: Vertrauen verpflichtet! Wer das Vertrauen anderer spürt, ist besonders motiviert, sein Bestes zu geben, um das geschenkte Vertrauen nicht zu enttäuschen.

Wie gewinnt ein Chef das Vertrauen seiner Kunden?

Neben Aspekten wie Qualität und Kompetenz ist es vor allem sein Team, mit dem der Kunde es persönlich zu tun hat. Diese Kollegen symbolisieren für ihn "das Unternehmen". Deshalb ist es wichtig, dass alle die Fallen und Hürden kennen, die im Baustellenalltag lauern.

Ist der Chef seinen Mitarbeitern ein Vorbild, heißt, er spricht mit seinen Kunden auf Augenhöhe, agiert transparent und lösungsorientiert und ist zu jeder Zeit ein freundlicher Ansprechpartner, dann schauen sich seine Mitarbeiter das ab. 

 

Je tiefer also das Vertrauen, desto weniger Kontrolle braucht es, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.

Eva Schulte-Austum, 34, coacht Chefs zum Thema "Erfolgreich führen"

 

Sie sind für Ihre Nachforschungen um die Welt gereist. Wo herrschte besonders viel Vertrauen?

In Norwegen, Dänemark und Schweden. Viele Unter­nehmer schaffen dort für ihre Mitarbeiter eine Arbeits­umgebung, in der das gemeinschaftliche Wohl im Vordergrund steht. Dort gehen alle fair und ebenbürtig miteinander um.

Das macht nicht nur die Mitarbeiter zufriedener und engagierter, es steigert auch die Innovationskraft der Betriebe. Aufträge werden zügiger abgewickelt und Kosten werden gesenkt, mit dem Effekt, dass die Unternehmen langfristig erfolgreicher werden. 

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