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Modernisierung einer Wohnanlage

Dieser Artikel erschien im Planquadrat, Ausgabe 3/18

Die Baugenossenschaft dhu eG wurde 1925 gegründet und ist durch die Fusion mit anderen Baugenossenschaften und eine rege Neubautätigkeit stetig gewachsen. Kooperationen mit befreundeten Hamburger Baugenossenschaften sollen die Wettbewerbsfähigkeit im Sinne der Mitglieder verbessern. Die dhu betreut in Hamburg rund 4.200 Wohnungen und investiert neben ihrer Neubautätigkeit jährlich überdurchschnittlich viel in die Instandhaltung ihrer Wohnanlagen.

  • <p>Der 1. BA (links) umfasst die Modernisierung von 158 Wohnungen zwischen Gustav-Klimt-Weg und Wilhelm-Lehmbruck-Straße. Im 2. BA (rechts) wurden weitere 82 Wohnungen an der Steinbecker Hauptstraße und der Wilhelm-Lehmbruck-Straße modernisiert; <i>Foto: Aloys Kiefer, Hamburg</i></p>

    Der 1. BA (links) umfasst die Modernisierung von 158 Wohnungen zwischen Gustav-Klimt-Weg und Wilhelm-Lehmbruck-Straße.…

Modernisierung im Bestand – Wohnraumerhalt für die Bewohner

In der Wohnsiedlung Mümmelmannsberg im Hamburger Stadtteil Billstedt wurden von der dhu 20 Mio. € für eine umfassende energetische Modernisierung von insgesamt 240 Wohnungen aus den 1970er-Jahren aufgewendet. Die Baumaßnahme wurde in zwei Bauabschnitten im bewohnten Zustand realisiert, alle Bewohner konnten in ihren Wohnungen bleiben. 2016 wurde der 1. BA fertiggestellt, 2017 begann die Modernisierung im 2. BA.

In Kooperation mit der AWO und unter Beteiligung der Bewohner wurde der bestehende Nachbarschaftstreff mit einem neuen Konzept zum Quartiershaus.plus umgewandelt und bietet jetzt auf 270 m2 Platz für eine Tagespflege-Einrichtung mit erweiterten Angeboten für die Bewohner. Im Innenhof wurde ein Pavillon als Treffpunkt für Nachbarschaftsaktivitäten neu errichtet. Die Tagespflegeeinrichtung konnte im Februar 2018, der Pavillon im Sommer 2018 eröffnet werden.

Die weitgehende Einbeziehung der Bewohner war wegen der umfangreichen Bauarbeiten das erklärte Ziel der Baugenossenschaft. Dazu gehörte neben der transparenten Information über die anstehenden Baumaßnahmen auch die Beteiligung an der Entscheidung zur Treppenhaus- und Außenraumgestaltung. Zusammen mit den Architekten wurde eine regelmäßige Mietersprechstunde im Baucontainer angeboten, die von den Bewohnern rege frequentiert wurde.

 

"Unserer Baugenossenschaft liegt der Erhalt von guter Wohnqualität und die Förderung von nachbarschaftlichem Miteinander für unsere Mitglieder sehr am Herzen. Die Modernisierung der Wohnanlage in Mümmelmannsberg ist für uns daher ein gutes Beispiel für eine gelungene Sanierung im bewohnten Bestand, die nur gelingen kann, wenn alle Beteiligten – Planer, Handwerker, die Genossenschaft und auch die Bewohner – am gleichen Strang ziehen. Auch das neue Quartierskonzept verstehen wir als unsere Antwort auf die Bedürfnisse unserer Mitglieder."

Frank Seeger, Vorstand Baugenossenschaft dhu eG, Hamburg

 

  • <p>Der Farb- und Materialmix der Fassadengestaltung sieht neben einem weißen und zwei roten Farbtönen für die Fassaden ein helles Grau für die Balkonbrüstungen vor sowie Spaltklinker für die Verkleidung der Backsteinfassaden.</p>

    Der Farb- und Materialmix der Fassadengestaltung sieht neben einem weißen und zwei roten Farbtönen für die Fassaden ein…

Vielfalt statt Plattenbau – Das Farb- und Materialkonzept

Das ausgeführte Fassadenkonzept ist das Ergebnis einer gelungenen Zusammenarbeit zwischen Bauherrn, Architekten und Farbgestalter. Die grundsätzliche Idee, das Spiel mit Farbfeldern und Klinkerfassaden, war mit Frank Seeger aus dem Vorstand der dhu bereits im Vorfeld abgestimmt.

Auf der Grundlage des Entwurfs von Dirk Prilipp vom Brillux Farbstudio Hamburg wurde daraufhin die Auswahl der Materialien diskutiert sowie Details geändert und angepasst. Auf diese Weise entstand der Plan für eine vielfältige Fassadenansicht, die mit ihrer Kleinteiligkeit die Wucht des gesamten Baukörpers auflöst und mit ihrer Anmutung von Einzelhäusern dem Quartier ein wohnlicheres Gesicht verleiht.

Die Baukörper waren in den 1970er-Jahren nur an der Hauptstraße als Backsteinfassade ausgebildet worden, alle anderen Fassaden waren mit vorgehängten Waschbetonelementen geschützt. Insgesamt gibt es jetzt mehr Klinkerflächen als vorher, durch die neue Vielfalt konnten gezielt besonders belastete Bereiche robust mit Spaltklinker verkleidet werden, auch im Innenhof. Im Sockelbereich wurde Buntsteinputz aufgetragen, der sehr widerstandsfähig und leicht zu reinigen ist.

Einige Elemente, wie die zusammengefassten Fenster, waren aus dem Bestand inspiriert; andere, beispielsweise die Unterbrechung der Fluchten durch die Verblendung einzelner Fassadensegmente oder die Ausführung der Balkontrennwände als Klinkerwand, kamen neu hinzu.

Manche Änderungen wurden erst auf der Baustelle gemeinsam beschlossen: Die durchfeuchteten Betonblumenkästen an den Balkonen zum Beispiel wurden entfernt und durch Edelstahlrahmen mit satiniertem Glas ersetzt, in den Hauseingangsbereichen entsprechend mit der Hausnummer versehen. Eine der wichtigsten Änderungen ist das neue, leicht geneigte Dach. Sein Dachüberstand wirft ein lebendiges Schattenbild auf die Fassade.

Außenanlage der Wohnanlage

An der Planung der Außenanlagen konnten sich die Bewohner aktiv beteiligen. Landschaftsarchitektin Uta Alexandra Haubrich präsentierte dafür verschiedene Versionen, stimmte ihre Entwürfe mit den Bewohnern ab und begleitete die Ausführung auch als bauleitende Landschaftsarchitektin. Besonderes Augenmerk fiel auf die farbliche Feinabstimmung des Betonpflasters mit dem Farbkonzept der Fassaden; Foto: Aloys Kiefer, Hamburg

Balkone der Wohnungen

Foto: Aloys Kiefer, Hamburg

Fassaden aus verschiedenen Materialien und Farben

Die ehemals eintönigen Wohnriegel erhielten neue, vielfältige Fassaden aus verschiedenen Materialien und Farben. Der Wechsel von Klinker- und Putzfassaden verändert die Struktur der Fassaden zu einer wohnlichen Kleinteiligkeit; Foto: Aloys Kiefer, Hamburg

Fassade, Detailansicht

Foto: Aloys Kiefer, Hamburg

Innenhof der Wohnanlage

Auch im Innenhof der Wohnanlage kommt die neue Vielfalt und Kleinteiligkeit der Fassaden deutlich zum Ausdruck. Die alten Betonbalkone wurden in das Modernisierungskonzept einbezogen und durch eine detailreiche Umgestaltung aufgewertet; Foto: Aloys Kiefer, Hamburg

Fassadengestaltung der Wohnanlage

Foto: Aloys Kiefer, Hamburg

Vielfalt statt Plattenbau

Foto: Aloys Kiefer, Hamburg

 

"Das Projekt Mümmelmannsberg stellte für das Brillux Farbstudio Hamburg eine großartige und gern angenommene Herausforderung dar: Wir wollten nicht nur ein attraktives Farb- und Materialkonzept liefern, sondern unsere Entwürfe durch die 3D-Visualisierungen auch für ungeübte Augen, wie die der Bewohner, verständlich machen. Dass wir inzwischen auf Grundlage alter Baupläne und Fotos Proportionen, Materialien, Oberflächen, Licht und Farben nahezu fotorealistisch visualisieren können, entwickelte sich u.a. auch an diesem Projekt."

Dirk Prilipp, Farbdesigner, Brillux Farbstudio Hamburg

 
 

Hochwertige Ausführung – Qualitätsanspruch und Nachhaltigkeit

Mit der vorbereitenden Planung und Ausschreibung beauftragte die dhu das Architekturbüro Sawallich aus Hamburg, das auch die Bauleitung übernahm und im Vorfeld die Förderanträge für die IFB Hamburg und die KfW erstellte. Die Gebäude sollten durch die energetische Modernisierung einem KfW-Effizienzhaus 85 entsprechen und laut IFB-Stufe 1 einen Endenergiebedarf von weniger als 90 kWh/m²a erreichen.

Bei der Auswahl der beteiligten Firmen und den eingesetzten Baumaterialien setzten Bauherr und Architekten auf Nachhaltigkeit und Qualität. Man war sich darüber einig, dass der gewünschte Qualitätsstandard nur mit leistungsstarken Handwerksbetrieben und hochwertigen Produkten erreicht und langfristig gesichert werden kann. (Fotos: Brillux, Aloys Kiefer, Hamburg)

 
 

"Die Zusammenarbeit mit allen Projektbeteiligten dieses Sanierungsprojekts erwies sich als äußerst professionell und partnerschaftlich. Nur wenn von Anfang bis Ende alle Beteiligten an einem Strang ziehen, kann eine solch große Baumaßnahme in Bezug auf Qualität, Termine und Kosten im Sinne des Bauherrn erfolgreich ausgeführt werden."

André Sawallich, Architekturbüro Sawallich Planungsgesellschaft, Hamburg

 
  • <div><p>Eine Hamburger Besonderheit ist die Qualitätssicherung Backstein, die bei öffentlich geförderten Projekten zum Tragen kommt. Das Fassadenkonzept wird mit einem dafür bestellten Qualitätssicherer abgestimmt, auch die Umsetzung wird von ihm begleitet. Die sogenannte "Backsteinrelevanz" betraf bei diesem Projekt die stadtbildprägenden Straßenansichten Godenwind 50–56; <i>Foto: Aloys Kiefer, Hamburg</i></p></div>

    Eine Hamburger Besonderheit ist die Qualitätssicherung Backstein, die bei öffentlich geförderten Projekten zum Tragen…

Aufgrund großer Probleme mit der innenliegenden Entwässerung des ehemaligen Flachdachs und den dadurch bedingten Wanddurchfeuchtungen planten die Architekten als konstruktiven Wetterschutz ein flach geneigtes Dach mit einer neuen, außenliegenden Entwässerung. Dafür wurde das alte Dach komplett abgetragen und das neue im Anschluss sukzessive aufgebaut.

Der Terminplan war eng getaktet, weil die im Frühjahr begonnene Baumaßnahme zum Jahresende abgeschlossen sein musste, konnte aber eingehalten werden. Die Gebäudehülle wurde komplett neu gedämmt – am Dach, an den Fassaden und den Kellerdecken. Die Fenster wurden gegen Kunststofffenster mit 3-fach-Verglasung ausgetauscht, die Kellerwände von außen neu abgedichtet.

Auf den vorbereiteten Alt-Fassaden kamen Brillux WDV-Systeme zum Einsatz. In der Sockelzone wurde EPS, darüber nichtbrennbare Mineralwolle als Dämmung verarbeitet. Die Dämmebene konnte unter den Putz- und Klinkerflächen gleich stark ausgeführt werden, bei Letzteren übernehmen die aufgeklebten Spaltklinker den Wetterschutz. Durch die professionelle Verarbeitung ist die neue Klinkerriemchenfassade nicht von einem handwerklichen Verblendklinkermauerwerk zu unterscheiden.

Varianten im Farbkonzept – Die Bewohner entscheiden mit

Der zweite Bauabschnitt wurde im Folgejahr angegangen. Auf Wunsch des Bauherrn sollte hier das gleiche Gestaltungsprinzip angewendetwerden, beide Bauabschnitte sollten eine gestalterische Einheit bilden. Andererseits war gewünscht, dass die Wohnhäuser, die sich um den zweiten Innenhof gruppieren, auch eine eigene gestalterische Identität bekommen. Die Backsteinfassaden wurden mit einem anderen Rotklinker aus einer ähnlichen Sortierung, jedoch mit einem höheren Schwarzanteil, erstellt.

Um älteren Mitgliedern den Verbleib in ihrem gewohnten Umfeld zu ermöglichen, wurde das Laubenganghaus im 2. BA barrierearm umgebaut. Für die Erschließung musste ein neuer Aufzugturm mit einem barrierefreien Entree errichtet werden, denn der bisherige Aufzug war nur über eine mehrstufige Treppe zu erreichen. Auch farblich wurde dieser "Sonderbau" unter Verwendung eines andersfarbigen Spaltklinkers und ockerfarbenen Akzenten variiert.

Mitbestimmung war auch bei allen Treppenhäusern der beiden Bauabschnitte ein Thema: Den Bewohnern wurden jeweils drei Varianten für die Gestaltung der Stirnwände präsentiert. Damit sich die Bewohner darunter auch etwas vorstellen konnten, wurden die Entwürfe vom BrilluxFarbstudio in 3D und gerendert als fotorealistische Darstellung visualisiert. In jedem Treppenhaus konnten die Bewohner sich für einen Entwurf entscheiden, der dann auf allen Etagen zur Ausführung kam. Nur ein Hauseingang entschied sich für eine neutrale Treppenhausgestaltung.

Im Farbkonzept des Laubenganghauses im 2. BA dominiert der Farbton Ocker, der sich aus den Farbschlieren des keramischen Belags entwickelt; Foto: Aloys Kiefer, Hamburg
Die von den Bewohnern ausgewählten Farbmuster für die Treppenhausgestaltung wurden vor Ort von den Malerbetrieben Hubert Jürgens und John Lewien, beide aus Hamburg, mit hohem handwerklichen Anspruch umgesetzt; Foto: Aloys Kiefer, Hamburg
Foto: Aloys Kiefer, Hamburg
Neues Gesicht für alte Fassaden: Auch das Laubenganghaus am Gustav-Klimt-Weg wurde in das Farb- und Materialkonzept integriert; Foto: Aloys Kiefer, Hamburg
Foto: Aloys Kiefer, Hamburg
Foto: Aloys Kiefer, Hamburg

Zusammen leben – Nachbarschaft im Pavillon

Da der frühere Nachbarschaftstreff zu groß geworden war, wurde das Gebäude unter dem Namen Quartiershaus.plus neu genutzt. Im Vorfeld hatte die dhu ihre Mitglieder nach der Bedarfssituation im Quartier befragt. Jetzt betreibt hier die AWO Hamburg eine Tagespflegeeinrichtung und schließt damit eine Lücke in der Pflegeversorgung des Stadtteils.

Das Herz im Quartier Mümmelmannsberg ist jedoch der neu errichtete Pavillon im Innenhof des ersten Bauabschnitts. Hier kommen die Bewohner direkt in den Grünanlagen zu gemeinsamen Aktivitäten zusammen. Vom Yogakurs bis zum Kindergeburtstag kann das kleine Haus mit Küche, Toilettenanlage und Vorratsraum flexibel genutzt werden.

Das Architekturbüro Sawallich hat dafür mit ebenerdigen Zugängen einen fließenden Übergang von innen nach außen ermöglicht und einen lichtdurchfluteten Raum geschaffen, der vom Bauunternehmen Josef Hoffmann umgesetzt wurde.

Um den Raum zu fassen und den besonderen Charakter zu unterstreichen, sah der Entwurf von Innenarchitektin Lilith Ostholthoff aus dem Brillux Farbstudio Münster eine metallisch glänzende Decke und einen farblich abgestimmten Designboden in Holzoptik vor.

Langjährige Bewohner der Wohnsiedlung können im Pavillon auch den ehemaligen Türdrücker ihres Hauseingangs aus der Ära "Kunst am Bau" wiederfinden. Als Fliesenspiegel geplant erhalten die farbenfrohen emaillierten Kacheln aus den 1970er-Jahren in der Küche ein Stück Identität des Quartiers am Mümmelmannsberg am Leben.

Sanierung eines Bettenhauses

Sanierung eines Bettenhauses

Nach der vollständigen Entkernung und Sanierung wurde im Krankenhaus AUF DER BULT in Hannover ein komplexes Farbsystem umgesetzt.

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