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The Orange – Coronation Hall in Auckland

Fotos: Patrick Reynolds, Auckland, Neuseeland

Dieser Artikel erschien in der colore #oxydorange

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Orange steht in der Psychologie für Jugend, Fröhlichkeit und Begeisterung. Außerdem gilt die Tertiärfarbe als stimulierend und stimmungsaufhellend – die perfekt kolorierte Ausgangslage zur Gestaltung eines Festsaales für klassische Events und swingende Jazzabende. Seit den 1940er-Jahren erfreut sich der Krönungssaal "The Orange – Coronation Hall" im Herzen von Auckland im Norden Neuseelands einer großen Beliebtheit für unterhaltsame und musikalische Veranstaltungen. Die Architekten von Crosson Clarke Carnachan Architects (nach einer Neuorganisation ist das neuseeländische Architekturbüro heute als Crosson Architects bekannt) haben dem Gebäude nicht nur ein neues Gewand, sondern auch einen zusätzlichen neuen Mantel verliehen – und das in knalligem Orange.

Coronation Hall, Innenräume
Coronation Hall: Neue Verglasung am Tanzsaal

Die neue Verglasung in altem Stil gibt einen Einblick in vergangene Zeiten. Auch nach der Sanierung steht der Tanzsaal mit seiner restaurierten Materialität und dem daraus resultierenden Charme als mietbarer Eventsaal zur Verfügung. Über die hohen Türen lässt sich die Fläche für Veranstaltungen bis in den Innenhof unter freiem Himmel erweitern.

Coronation Hall: Anblick aus der Distanz

Bereits von Weitem hebt sich die neue orangefarbene Fassade von der grauen Bebauung ab und dem Betrachter entgegen

Coronation Hall in der Frontansicht

Mit Schwung in die Moderne

"Tanzt die Orange. Wer kann sie vergessen ...", schreibt Rainer Maria Rilke in seinen Sonetten an Orpheus 1922. Ein Aufruf, der sich auch auf das neuseeländische Projekt "The Orange – Coronation Hall" übertragen lässt. Auf jeden Fall auf den restaurierten Zustand des Gebäudes, das weitläufig nur unter seinem Namen "Krönungssaal" bekannt ist. Vor allem der ihm beigestellte, neue Erweiterungsbau gleicht nach seiner Fertigstellung 2016 mit spannender Fassadenstruktur einem orangefarbenen Tanz, einer melodischen Bewegung. Durch die geschwungene Form werden alle Innenräume optimal belichtet und der "Krönungssaal" rückt in den Mittelpunkt.

Dieser Gestaltungsansatz greift den festlichen und einladenden Charakter der einstigen Nutzungsintention des Standortes auf. So glänzt dem Betrachter auf vielfältige Weise Farbigkeit entgegen und suggeriert Bewegung sowie einen Aufbruch in die Zukunft, wenngleich die Vergangenheit des Bauwerks nicht ausschließlich mit fröhlicher Unbeschwertheit aufwarten kann. So war das herrschaftliche Gebäude an der Newton Road ursprünglich im Besitz der "Loyal Order of Orangemen", einer irischen Organisation aus dem 18. Jahrhundert mit sehr radikalen protestantischen Ansichten und Werten.

Das Backsteingebäude selbst mit seinen verzierenden Stuckelementen und Komponenten aus Gipsputz wurde 1922 von Arthur Sinclair-O'Connor entworfen. Der Architekt von der Westküste Australiens prägte mit seinen Bauten nicht nur diese Straßenkreuzung, sondern das gesamte Stadtbild von Auckland. Dabei verlieh er dem Großteil seiner Architektur, wie auch der "The Orange – Coronation Hall", einen amerikanischen Look, angelehnt an seine persönlichen Vorbilder aus Brooklyn und New York City. Ein Verweis, der nach der Renovierung besonders konturiert ins Auge fällt.

Die authentische Fassade wurde erhalten, indem das Mauerwerk bestmöglich gereinigt wurde und mit den neu verputzten Außenflächen in bekannter beige-backsteinfarbener Kombination an sein einstiges repräsentatives Flair anknüpft. Teile des ehemaligen Gebäudes und des Daches mussten entfernt werden, während der geschichtsträchtige Hallenkomplex durch umfassende Sanierungsarbeiten gerettet werden konnte.

Vor allem in den 1940er-Jahren – in der Zeit amerikanischer Truppenaufenthalte – erfuhr dieser Krönungssaal seine swingende Blütezeit und stand bei mehr als einer Generation der Einheimischen für Unterhaltung und Unbekümmertheit. Für aufstrebende und bereits bekannte Jazzmusiker wurde "The Orange – Coronation Hall" so zur Instanz – zum Sprungbrett und zugleich zum Grundstein der eigenen Karriere – und in architektonischer Hinsicht zum Kulturerbe.

Es hat aus lauter Orange ein Mäntlein um

Das eigentliche Volumen des Neubaus wird von zwei sehr dezent und stringent gestalteten Kuben gebildet, die sich auf behutsame Weise um den denkmalgeschützten Bestand legen. Mit ihrer zueinander verschobenen Anordnung greifen sie die Gebäudekanten des Altbaus auf, rahmen diesen ein und bilden mit ihm eine harmonische Einheit. Auf diese Weise entsteht an ihrer Schnittstelle eine Innenhof-Situation, die sich zum geöffneten Krönungssaal hin orientiert.

Durch dessen neu eingesetzte, bodentiefe Fenster mit rustikalen Stahlrahmen, die ihrem ursprünglichen Stil entsprechen, erhält man so wahrhaftig einen Blick in die Vergangenheit. Zugleich wird der Innenhof belebt und zum fließenden Übergang zwischen Altem und Neuem. In die Bodenplatten geätzte Schuhabdrücke sollen hier, ähnlich wie die orangefarbenen Sitzgelegenheiten, die sich um die Bepflanzungen formieren, an eine Tanzflächensituation erinnern – eine weitere Hommage an vergangene Zeiten. Zugleich offenbart sich dadurch "schrittweise" der Weg in die Moderne – verkörpert durch das gegenüberliegende, vollständig verglaste Atrium des Neubaus.

Neben dem einladenden Erdgeschoss und einer zweigeschossigen Tiefgarage bietet der neu errichtete Gebäudekomplex ausgewiesene Bereiche für Gewerbe und den Einzelhandel sowie auf bis zu sechs Geschossen Platz für mehr als 60 Ein- bis Zwei-Zimmer- Apartments und geräumige Suiten.

 

It has given the old building new potential, reduced the dominance of the new structure.

Statement der Award-Jury

 

Die Fassaden an den Stirnseiten greifen diese "Durchlässigkeit zwischen den Zeiten" auf. In ihrer strengen Kassettenform knüpfen sie an das Raster des Bestandes an, während dem orange gefärbten, pulverbeschichteten Aluminium ein Spagat zwischen dem Schwung der 1950er und dem aktuellen Zeitgeist gelingt. Die fein perforierten Bleche untermalen diesen Aspekt und erzeugen zugleich ein faszinierendes Lichtspiel.

Dieses alternierende, beinahe tänzelnde Zusammenspiel zwischen den kontrastierenden Elementen sorgt in Summe für eine wahrnehmbare Ausgeglichenheit. Denn auch die Lamellen an der inneren Fassadenfläche, die hier gleichzeitig die Funktion der Verschattung übernehmen sowie als Balkonbrüstung und auflockerndes Gestaltungselement dienen, spielen mit dem Kontrast von Dynamik und Statik.

Für diese überzeugende architektonische Leistung wurden Crosson Clarke Carnachan Architects (heute Crosson Architects) mit dem "Local Architecture Award" des New Zealand Institute of Architects (NZIA) ausgezeichnet – ein Preis, der hochwertige Architektur und ihre Bedeutung für den Standort stärker in den Fokus rücken und intensiver als Ressource unserer Gesellschaft anerkennen möchte.

Mit ihren original erhaltenen Holzfußböden, den freigelegten Wänden und Decken sowie einer Kapazität für bis zu 250 Personen bleibt "The Orange – Coronation Hall" in ihrem neuen Gewand somit auch zukünftig ein vielseitig nutzbarer und für die Stadt sehr bedeutsamer Raum.

Orange im Wandel der Zeit

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