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Brillux Radio

Der Herr der Traumfabrik

Titelfoto: Stefan Matzke (sampics)

Dieser Artikel erschien in der MarktImpulse, Ausgabe 2/18

Gerald Wernig ist Unternehmer, Visionär und eine Art moderner Magier. Mit seiner Firma Gewena produziert er edle Wandverkleidungen, die aussehen wie Ziegel, vertikale Gärten oder Holzvertäfelungen. Tatsächlich handelt es sich aber um perfekte Imitate – umweltfreundlich, zeitsparend einzubauen und in unzähligen Designs.

Gerald Wernig lehnt an weichen grünen Moos­polstern, eingerahmt von einer malerischen Felsformation. Hübsch sieht das aus und typisch für die Gegend, schließlich sind wir in Laufen, im bayerischen Voralpenland. Doch die Szenerie befindet sich nicht etwa an einem Berghang unter weißblauen Wölkchen, sondern im Showroom von Wernigs Firma Gewena.

Und bis auf den fröhlich dreinblickenden Chef ist hier nichts so, wie es auf den ersten Blick scheint: Das Moos stammt aus Skandinavien, ist ursprünglich fast weiß und hat einen raffinierten Bearbeitungsprozess hinter sich. Es wurde gepresst, in einer Nährlösung wieder fluffig gemacht, grün eingefärbt und schließlich mumifiziert. Der Felsen besteht aus einer Zementmischung, die wie ein Marmorkuchen in eine speziell angefertigte Form gegossen und mit Brillux Farben gestrichen wurde.

Dass das Ergebnis der Realität optisch so nahe kommt, liegt daran, dass Gerald Wernig eine hochkreative Kombination aus Daniel Düsentrieb und MacGyver ist. Großen Spaß bereitet es ihm, der Natur ein Schnippchen zu schlagen, indem er sie kunstvoll nachbaut. Mit Gewena produziert er luxuriöse Wandverkleidungen aus Stein, Holz, Moos und Glas, die wunderschön aussehen und die Natur in Innenräume holen.

Ob für Privathäuser, Läden, Duty-free-Shops an Flughäfen, Messestände, Hotels oder Großkunden wie die Kreuzfahrtlinie AIDA – jede Wand ist ein speziell zugeschnittenes Unikat.

Jede Wandverkleidungen ist ein Unikat, Gerald Wernig

"Jede unserer Wandverkleidungen ist ein Unikat, das nach einer ausführlichen Beratung genau auf die Wünsche des Kunden zugeschnitten wird." (Gerald Wernig)

Gerald Wernig

"Wir haben das große Glück, dass unsere Produzenten sehr schnell arbeiten und wir zudem ein extrem gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten können." (Gerald Wernig)

Gerald Wernig zum Thema Nachhaltigkeit

"Ich achte bei all meinen Produkten auf Nachhaltigkeit. Sie müssen recycelbar sein und ohne schädliche Ausdünstungen. Alle Oberflächen bestehen aus Naturmaterialien." (Gerald Wernig)

Vom Angestellten zum Erfinder

Eine Geschäftsidee, die so wenig alltäglich ist wie ihr Erfinder – und wie die Geschichte ihrer Entstehung. Es begann an einem Wochenende im Jahr 1993 auf recht romantische Weise: "Auf der Reise von Österreich nach Düsseldorf habe ich in Laufen Station gemacht, weil ich auf einer Party eingeladen war", erzählt der gebürtige Klagenfurter schmunzelnd. "Dort habe ich Andrea kennengelernt, die einzige Person dort, die sich wie ich gefragt hat: 'Was tu ich eigentlich hier?' Heute ist sie meine Frau."

Es ging alles sehr schnell: Wernig gab seinen Job als Leiter eines Gartencenters auf, zog nach Deutschland und gründete eine eigene Firma, die sich um die Begrünung von Krankenhäusern mit Zimmerpflanzen kümmerte.

Als der Betrieb aufgrund von Einsparungen im Gesundheitsbereich nicht mehr gut lief, suchte der umtriebige Unternehmer nach neuen Geschäftsmodellen – und wurde dabei zum Erfinder: Er entwickelte eine Methode zur Herstellung von Kunstfelsen, mit denen er Wellnessbereiche ausstattete – und bald darauf auch neuartige Wandverkleidungen, sein heutiges Hauptgeschäft. Wie schafft man das als Autodidakt? "Die Neugier hat mich weitergetrieben!", meint er rückblickend.

Und sein ehrgeiziges Ziel: "Ich wollte Wandpaneele produzieren, die nicht nur edel aussehen, sondern, anders als die auf dem Markt erhältlichen Polyestermodelle, auch umweltfreundlich und schwer entflammbar sind." Genau die richtige Herausforderung für den unermüdlichen Tüftler Wernig. Im Internet fand er Mitstreiter, andere "Spinner", wie er sie liebevoll nennt, und begann, "mit sehr viel Herzblut und Enthusiasmus zu experimentieren".

 

Schönheit allein reicht nicht aus!

Unternehmer Gerald Wernig, Gewena Stone Manufaktur

 

In der Fertigungshalle wird getüftelt

Wernig hatte Erfolg, wie man heute an seiner breiten, ständig wachsenden Produktpalette im Gewena-Showroom sehen kann. Der Stil der Steinpaneele reicht von "rustikal" bis zu moderner Coolness, manche sind der Brücke von Mostar in Herzegowina nachempfunden, andere den typischen Ziegelwänden der New Yorker Bronx.

Einen Raum weiter präsentiert Wernig Holzwände aus Eiche, Nuss oder Zirbe, die heimelige Atmosphäre verbreiten. Dazu Mooswände, die frisches Grün in den Raum bringen, und zum Abschluss noch seinen "Luxusliner", hochelegante Glasbausteine aus Venedig, die für 1.500 Euro pro Quadratmeter zu haben sind. Sein Rezept: "Wir wollen ein möglichst großes Spektrum an Kunden ansprechen."

Die Inspiration zu immer neuen Designs findet er oft auf Reisen. "Wenn ich unterwegs bin, sprudeln die Ideen. Ich sehe etwas Schönes in der Natur, besorge das Rohmaterial und nehme es mit nach Hause, wo wir versuchen, es zu kopieren." Das "Labor" für seine Experimente ist die Fertigungshalle von Gewena­ im oberbayerischen Ort Petting. Ein großer Raum, in dem die Mitarbeiter verschiedenste Paneele mit Farbe und exotisch anmutenden Materialien wie Kaffeepulver betupfen, bekleben und auf unzählige Arten bearbeiten – bis sie nicht mehr vom natürlichen Vorbild zu unterscheiden sind.

  • <p>Die perfekte Crew für alle kreativen Abenteuer: Udo Franzen, Gerald Wernig, Philipp Wernig, Peter Marchl und Michael Großbötzl.</p>
  • <p>Einsatz im "Labor": Eigentlich kümmert sich Gerald Wernigs Sohn Philipp um den Onlineshop der Firma. Ab und an zaubert er aber auch Steinpaneelen ein neues Gesicht.</p>
  • <p>Die leichteste Steinwand der Welt: Gewena-Partner Peter Marchl von "AdiK" und Michael Großbötzl von "Wand Werk" demonstrieren, dass diese Wandverkleidung zwar aussieht wie Ziegel, aber viel bequemer transportiert und eingebaut werden kann.</p>
  • <p>Udo Franzen von "123-wandgestaltung" in Oldenburg und Michael Großbötzl von "Wand Werk" sind nicht nur Gewena-Händler, sondern auch stets dabei, wenn Gerald Wernig ein neues Produkt austüftelt. Hier arbeiten sie an einem Moosbild.</p>
 

Gewena Stone Manufaktur – Produzent luxuriöser und nachhaltiger Wandverkleidungen

Nachdem Gerald Wernig 1993 in Laufen die "Gewena Stone Manufaktur" gegründet hatte, lag der Schwerpunkt zunächst auf Felsgestaltung und Steinpaneelen. Mittlerweile hat er seine Produktpalette um umweltbewusste und schwer entflammbare Wandverkleidungen aus Holz, Moos, Glas und Gips erweitert und hält für jeden Geschmack das passende Design bereit. Zu den Kunden zählen bekannte Firmen aus der Modebranche, für die er Boutiquen, Duty-free-Shops an Flughäfen und Messestände realisiert, dazu Hotels, die Kreuzfahrtlinie AIDA und Privatleute.

www.gewena.de - gegründet 1993 - 20 Mitarbeiter

 

"Das funktioniert wie beim Kochen", lacht Wernig, "man probiert etwas aus, fügt weitere Zutaten hinzu, lässt wieder was weg, so lange, bis das Ergebnis schmeckt." Ist die geeignete Methode gefunden, schult Wernig seine Händler.

Sie fertigen die Wände dann vor Ort für jeden Kunden von Hand an. "Echte Haute Couture", findet der Gewena-Chef, "wir gehen auf jeden Kundenwunsch ein, passen Farben und Strukturen individuell an. Keine Wand gleicht der anderen."

Gewena beliefert Kunden auf der ganzen Welt

Heute allerdings wird im Labor nicht nur experimentiert, sondern auch viel diskutiert, geplant und gelacht. Der Grund: Wernigs "Partners in Crime" sind zu Besuch. Michael Großbötzl von "Wand Werk" in Linz, Udo Franzen von "123-wandgestaltung" in Oldenburg, Peter Marchl von "AdiK" in St. Marein – drei Gewena-Händler mit eigenen Firmen, aber auch "Sparringspartner" beim Austüfteln neuer Pläne.

Wernig will seinen Kollegen mal wieder ein neues Produkt vorstellen. Diesmal sind es Gipswände mit verschiedensten Mustern und Reliefs, die Gewena bald als einziger Anbieter in Europa vertreiben wird. Ein Produkt, auf dem große Hoffnungen liegen.

Damit sie sich auch erfüllen – und weil die Herrenrunde in ihrem Enthusiasmus manchmal das Verhältnis zwischen Entwicklungskosten und wirtschaftlichem Nutzen aus den Augen verliert –, wachen zwei Frauen mit Argusaugen über die Finanzen der Firma: Anna Volk, 66, die seit 2003 für Vertrieb, Marketing und Rechnungswesen zuständig ist, und Wernigs Ehefrau Andrea Nickolai, 50, die neben ihrer Arbeit als Geschäftsführerin einer Privatklinik auch die Buchhaltung für Gewena übernimmt.

"Das Kreative verschlingt immer Geld. Andrea und Anna sind diejenigen, die dann schreien: 'Das geht gar nicht!'," erzählt Wernig amüsiert. Eine Arbeitsteilung, die hervorragend funktioniert. Gewena beliefert Kunden auf der ganzen Welt. Die Wandverkleidungen verschönern die Interieurs von Modeläden großer Marken, Restaurants, Hotels und sogar den höchstgelegenen Schokoladenshop Europas in 3.454 Meter Höhe, eine Filiale von Lindt & Sprüngli auf dem Jungfraujoch.

Seit einigen Jahren befahren sie auch die Weltmeere, und zwar an Bord von Schiffen der Kreuzfahrtlinie AIDA. Sechs Monate pro Jahr verbrachte Gerald Wernig zu manchen Zeiten in der Werft in Papenburg bei der Montage. Mittlerweile liefert er an alle weiter entfernten Kunden nur noch die vorgefertigten Wände, den Einbau überlässt er Firmen vor Ort.

  • <p>Anna Volk ist die rechte Hand des Gewena-Chefs Gerald Wernig</p>

Erst heute Morgen erhielt er wieder einen dieser Anrufe: "'Wir brauchen schnell einen Felsen in Russland!' Wenn ich da immer selbst hinfahren würde, wäre das für alle Beteiligten viel zu teuer." Nur zu den Produktionsstätten, die er aus Kosten­gründen ins Ausland verlegt hat, muss er regelmäßig reisen.

"Holzwände werden in Bosnien hergestellt, weil Nussbaum und Eiche dort wachsen wie Unkraut, Gipsprodukte kommen aus Kroatien. Das Moos wird in Holland gefärbt." Etwa einen Monat im Jahr ist er deshalb beruflich unterwegs – deutlich weniger als früher. "Das war zu viel, so lange wollte ich nicht von meiner Familie getrennt sein."

Auch zu Hause wird ständig umdekoriert

Mit seiner Familie ist er auch geschäftlich verbunden. Sohn Phillipp, 30, kümmert sich mit seiner Designagentur um den Onlineshop (skapandik.at) und den optischen Auftritt von Gewena. Mit seiner Frau Andrea betreibt Gerald Wernig zusätzlich das Hotel Almrausch in Bad Reichenhall. Vor ein paar Jahren haben sie es sich "zum Vergnügen gekauft" und liebevoll umgestaltet, selbstverständlich unter Einsatz von Gewena-Wänden.

Jedes der 24 Zimmer ist individuell designt – vom Nordsee-Stil mit Wänden aus weißen Holzplanken bis zu bayerischen Zimmern mit rustikaler Holzwand hinter dem Boxspringbett. Im Frühstücksraum zieren Moosbilder die Wände, im Eingangsbereich wachsen Birkenstämme aus dem Parkett. Alles in allem ein hervorragender Showroom für alle Kunden in spe, die hier Gewena-Wände in der Praxis erleben – und das Ganze mit einem optischen Kurzurlaub kombinieren möchten.

Für diese Freizeitbeschäftigung sind auch Gerald Wernig und seine Frau zu haben. Wann immer sich ein kleines Zeitfenster öffnet, gibt das Paar seinem Fernweh nach. Nizza, Mallorca und Bad Hofgastein gehören zu den Lieblingszielen.

"Wenn wir frei haben, müssen wir weg", sagt Wernig, "zu Hause gibt es viel zu viel zu tun." Das Haus umbauen zum Beispiel. Gerald Wernig verkauft seine Wände nämlich nicht nur, er schmückt damit auch gern das eigene Heim – und dekoriert dabei ständig um: "Sobald ich mit einer Wand fertig bin, fällt mir meist schon wieder was Neues ein." Das ist wohl typisch für diesen kreativen Unruhegeist, nicht nur im Job, auch in der Freizeit.

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